Meistens springt mich ein Trend oder ein Thema an, wenn es sich längst etabliert hat. In Mediensprache: Ich komme daher “wie die alte Fasnacht”. Auch beim “Beziehungskosmos” war ich Nachzüglerin, der mir erst ein Jahr nach Sendestart im Ohr lag. Jede einzelne Folge habe ich seither nachgehört, eine Ehre, die bislang nur “Triple Click” gebührte.
Ein Herz und eine Seele, so hört sich der Beziehungskosmos von Felizitas Ambauen und Sabine Meyer an: Eine Psychotherapeutin und eine erfahrene Journalistin sprechen rund eine Stunde über Beziehungen und verwandte Gefühlslagen. Mental Load, Bewältigungsstrategien, Sex in langjährigen Beziehungen - alles. Was mich ab der ersten Minute packte, war die Chemie zwischen den beiden: Es fliesst. Wogt hin und her. Eine Idee hier, eine Nachfrage dort, ein neuer Gedanke. Eine erfrischende Anekdote, ein Beispiel aus der Praxis, Selbstreflexion. Kein Schnitt, alles aus einem Guss, die höchste Kunst in einer Radiosendung.
Und: Der Podcast geht direkt ins Herz. Hochdeutsche Podcasts, englische Podcasts - okay, aber wenn’s um Gefühle und Innenleben geht, prallt der Inhalt oft an der hauchdünnen Sprachbarriere ab. Der Beziehungskosmos nicht. Direkt in die subkutane Substanz vermittelt er die Worte, um über das eigene Innenleben zu reden.
Er spricht die Sprache meines Herzens - und ist ansteckend: “Beziehungskosmos” öffnet Türen und Ohren, führt zu geteilten Gefühlen und Gedanken. Eine Person, die mir nahe steht, beginnt den Podcast zu hören. Zum ersten Mal nach Jahren sprechen wir über das eigene Befinden, das eigene So-Sein, mit den Sendungen als Brückenbauerinnen (“Jetzt habe ich eben die Sendung X gehört…” - “Ah, erzähl!”). Die Folgen dienen auch als Kurzreferenz, um in Gesprächen den Kontext zu setzen: “Du hast sicher die Folge zum Hackfleisch gehört, das meine ich.” Aha-Momente im Ohr, die zu weiteren “Ahas” im Alltag führen, zu einer neuen Art, das eigene Handeln zu reflektieren und zu diskutieren.
Felizitas Ambauen und Sabine Meyer reiten die Erfolgswelle mit ihrem werbefreien Podcast über Gefühlswelten: Ihr im Mai erschienenes Buch (978-3-907238-23-3) scheint sich gut zu verkaufen, die Bühnenauftritte sind ausverkauft, es folg(t)en Interviews, Kolumnen, Berichterstattung über den aktuell erfolgreichsten Schweizer Podcast, der Gold bei den ersten Schweizer Awards abräumte.
Gut so.
Kaum jemand lernt von alleine über das eigene Innenleben zu reden. Geschweige denn auf Schweizerdeutsch. Die Schweiz braucht Beziehungskomsos, ich auch - und ihr vielleicht auch?
Anmerkung zum Schluss: Das ist ein Fangirl-Blogpost, für den Fall, dass mir jemand “Paid Promotion” ankreiden möchte. Der Beziehungskosmos ist werbefrei und eigenfinanziert. Die Macherinnen nehmen jedoch gerne Spenden entgegen und wissen es sicher zu schätzen, wenn ihr eure Begeisterung mit ihnen auch finanziell teilt.
Image credit: Screenshot Beziehungskosmos.com
Last modified on 2023-08-30
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